Die Zukunft der ländlichen Räume

9. September 2021

Die Zukunft der ländlichen Räume

Während einer gemeinsamen Wanderung nutzte Marcus Püster die Gelegenheit um einige Fragen an den Bundestagskanditaten Christian Haase zu stellen.

Herr Haase, mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt in ländlichen Räumen. Auch Sie sind ja mit Ihrer Familie in Beverungen zu Hause. Sie kennen aber nunmehr seit acht Jahren auch das Berliner Leben in der Metropole. Was gefällt Ihnen besser?

Da muss ich nicht lange überlegen. Ich bin ein Kind des ländlichen Raums. Immer, wenn ich am Freitag nach einer Sitzungswoche die Tür meines Berliner Büros zuschließe und in den Zug nach Beverungen steige, macht sich eine enorme Vorfreude breit. Auf Dauer wäre mir Berlin viel zu hektisch und anonym. Was unsere Heimat hier in der Senne und im Weserbergland ausmacht, sind neben den Natur- und Kulturschätzen ganz klar die Menschen.

Trotzdem werden Sie ja in Berlin seltener mit Funklöchern oder langsamen Internet zu kämpfen haben als hier in Ihrem Wahlkreis. Was tun Sie dafür, dass sich das verbessert?

Ja, da muss man sich ehrlich machen. Das ist in der Tat so. Aber hier haben wir bereits in den vergangenen Jahren die richtigen Weichen gestellt, damit wir dieses essentielle Problem angehen können. Die Kreise Lippe und Höxter gehen innovativ voran und mit den entsprechenden Landes- und Bundesprogrammen wird man schon bald eine konkrete Verbesserung der Versorgung wahrnehmen können. Die Beseitigung der weißen Flecken stand ganz oben auf meiner Liste, denn gute mobile Erreichbarkeit und eine anständige Internetverbindung gehören für mich ganz klar zur Daseinsvorsorge dazu. Das Ziel: flächendeckender Mobilfunk und Glasfaser in jedem Haus.

Welche Themen sind für lebendige und zukunftsfeste ländliche Räume wichtig?

Das ist ein Zusammenspiel aus ganz vielen Faktoren, die für lebens- und liebenswerte ländliche Räume ausschlaggebend sind. Ich denke da an Einkaufsmöglichkeiten – vom Dorfladen bis hin zum Einkaufsbummel in der Innenstadt – aber auch an gute medizinische Versorgung durch Hausärzte und Apotheken. Es gehört aber auch die richtige Versorgungs- und Bildungsinfrastruktur dazu, z.B. wohnortnahe Kitas und Grundschulen. Aber auch der oben beschriebene Punkt der digitalen Infrastruktur gehört natürlich dazu, um zukunftsfest nach vorne zu schauen.

Ist das auch ein Thema welches Sie in Berlin vertreten?

Absolut! Meine Arbeitsschwerpunkte in Berlin sind die ländlichen Räume, Kommunen und die Haushaltspolitik. Das passt auch sehr gut zusammen, da ich für den Etat des Bundeslandwirtschaftsministeriums verantwortlich bin. Und dort wird auch die Politik für ländliche Räume gestaltet. Ich bin dankbar für den freundschaftlichen Draht zur Ministerin Julia Klöckner, deren Herz genau wie meines für die ländlichen Räume schlägt.

Wie setzt sich denn diese Leidenschaft in konkrete Maßnahmen um?

Da könnte ich jetzt viele Punkte nennen. Sei es die Präsenz und Vorbildrolle des Kreises Lippe mit digitalen Projekten auf der Internationalen Grünen Woche oder Fördermittel für die Region aus dem Bereich „Ländliche Entwicklung“ (BULE). Auch habe ich mit der Ministerin zusammen ein Papier verfasst, welches die Zukunft der ländlichen Räume darlegt. Wir beschreiben, was bei uns bereits gut läuft, und wo wir noch anpacken müssen, damit dies auch in Zukunft so bleibt. Das Papier heißt „Sieben mal Zukunft auf dem Land“ und ist maßgeblich ins Regierungsprogramm eingeflossen. Das macht einen dann schon stolz, wenn man sieht, dass die eigenen Ideen Anklang finden.

Können Sie mir einige Punkte aus dem Papier nennen?

Gerne. Es geht uns um eine echte Zukunftsoffensive. Mit dem Papier haben wir ein innovatives Maßnahmenbündel zur Stärkung des ländlichen Raumes entworfen. Die Corona-Pandemie hat verdeutlicht, wie attraktiv die ländlichen Räume sind in Deutschland – sie bieten Natur, Platz und Freiraum. Diese Stärke gilt es weiterzuentwickeln, auch um der Überhitzung der Städte entgegenzuwirken. Dazu braucht es massive Investitionen in Infrastruktur jeglicher Art.
Investitionsentscheidungen dürfen nicht nach Einwohnerzahl getroffen werden, sondern müssen auch die Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen im Blick haben. Denn nur wer überall findet, was er zum Leben braucht, kann auch frei entscheiden, wo er leben möchte. Ein weiterer Punkt ist beispielsweise die Bildungslandschaft. Wir leben in einer Wissensgesellschaft. Nur kann nicht jedes Dorf jede Form höherer Schul- und Weiterbildung anbieten. Die Corona-Pandemie hat jedoch gezeigt, dass gerade weiterführende Schulen den Ausfall des Präsenz-Unterrichts gut mit digitalen Angeboten kompensieren konnten. Das möchten wir uns zu Nutze machen: So könnten weiterführende Schulen Teilzeit-Unterricht anbieten. Ältere Schüler müssten dann nicht mehr jeden Tag lange Fahrzeiten auf sich nehmen. Nach dem Vorbild des Co-Working könnten Berufsschüler nachmittags in der örtlichen Dorf-Grundschule den Unterricht aus der Berufsschule in der nächst größeren Stadt streamen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass in kleinen Orten oft nicht genügend Schüler für eine Klasse zusammenkommen, sodass die Betroffenen in andere Berufsschulen in die Oberzentren fahren müssen. Hier bleibt – im wahrsten Sinne des Wortes – viel Zeit auf der Strecke.

Erlauben Sie mir eine letzte Frage: Glauben Sie an die Zukunft der ländlichen Räume – mit Wirtschaft und Landwirtschaft – auch für die nächste Generation?

Ganz klar, ja! Dafür arbeite ich jeden Tag. Landwirtschaft und ländliche Räume kann man nicht einzeln betrachten, und auch unser Mittelstand, das Handwerk und die hidden champions gehören zu uns. Ich sehe unsere ländlichen Räume als die Kraftzentren der Republik an. Und Landwirte sind da nicht wegzudenken. Wir werden viele gesellschaftliche Ziele nur mit und nicht gegen die Landwirte erreichen. Das kommt mir in den Diskussionen oft zu kurz. Das Berufsbild der Landwirtschaft befindet sich im Wandel. Precision Farming und andere Digitalisierungsprozesse können den Beruf des Landwirts attraktiver machen und so ggf. Hofnachfolgen sichern. Diesen Strukturwandel möchte ich eng begleiten. Es braucht Planungssicherheit z.B. bei Investitionen ins Tierwohl. Außerdem brauchen unsere Unternehmen nach Corona gute Rahmenbedingungen für einen Neustart. All diese Themen habe ich fest im Blick.

Herr Haase, man hat bei Ihnen den Eindruck, dass Sie wirklich für die Themen unserer Region brennen. Ich bedanke mich für diesen Austausch.

Danke ebenso!


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