Statt Kirchturmdenken auf Wir-Gefühl setzen

8. September 2020

Statt Kirchturmdenken auf Wir-Gefühl setzen

CDU-Landratskandidaten von Paderborn und Lippe
loten Kooperationsmöglichkeiten aus

Bad Lippspringe/Schlangen (wv). Christoph Rüther und Jens Gnisa verbindet ein Ziel: Beide wollen nach der Kommunalwahl Landrat werden – der eine im Kreis Paderborn, der andere in Lippe. Am Dienstagabend trafen sich die CDU-Politiker erstmals, um Möglichkeiten der Zusammenarbeit über die Kreisgrenze hinweg auszuloten. „Das Kirchturmdenken muss der Vergangenheit angehören“, so ihr gemeinsames Plädoyer. Sie setzen stattdessen auf ein „gemeinsames Wir-Gefühl“.

Die Suche nach wichtigen kreisübergreifenden Themen ist Gnisa und Rüther nach eigener Aussage nicht schwer gefallen: „Die Bandbreite reicht von Fragen der Wirtschaftsförderung und des regionalen Marketings bis hin zum Ausbau der digitalen Infrastruktur.“

Jens Gnisa, von Beruf Richter, hat die Sicherheit der Bürger in Lippe zu einem zentralen Wahlkampfthema erklärt. Gerade in Schlangen sieht der Direktor am Amtsgericht Bielefeld einigen Handlungsbedarf: „Wenn abends oder nachts in der Sennegemeinde die Polizei alarmiert wird, müssen die Einsatzkräfte aus Lage anrücken. Das liegt aber etwa 40 Minuten entfernt. Dieser Umstand stärkt nicht unbedingt das Sicherheitsgefühl der Menschen vor Ort.“ Eine engere Kooperation der beiden Nachbarkreise bezeichnete Gnisa in diesem Zusammenhang als wünschenswert.

Für Rüther ist die Wirtschaftsförderung im Kreis Paderborn ein weiteres zentrales Thema, er sieht auch hier Kooperationsmöglichkeiten mit den lippischen Nachbarn. Dass die Politik in Schlangen und Bad Lippspringe zum Beispiel über gemeinsame Lösungen bei der Gewerbeansiedlung nachdenke, wertet er „als klug und weitsichtig“. Die Zeit, in der das Kirchturmdenken die Politik von Städten und Gemeinden geprägt habe, so Rüther, müsse endgültig vorbei sein.

Kooperationsmöglichkeiten sieht der Politiker auch bei der Digitalisierung der Rathäuser. Der CDU-Landratskandidat erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die Stadt Paderborn digitale Modellregion OWL sei. „Von den dort gemachten Erfahrungen sollten bei Bedarf auch Kommunen außerhalb des Kreises profitieren können“, betont Rüther. Deutliche Schnittmengen sieht der 54-Jährige über die Kreisgrenze hinweg auch in den Bereichen Marketing und Tourismus.

An dem Treffen nahmen ebenfalls die beiden CDU-Bürgermeisterkandidaten von Bad Lippspringe und Schlangen teil. „Wir stehen für die Idee von einem gemeinsamen sozialen Raum“, machten Ulrich Lange und Marcus Püster übereinstimmend deutlich. Die Verwaltungen beider Gemeinden hätten dazu bereits reichlich Vorarbeiten geleistet, nur seien die Vorschläge bis heute leider nicht in die Tat umgesetzt worden.

Lange sieht an verschiedenen Stellen Handlungsbedarf: „Rückblickend war es beispielsweise ein zentraler Fehler, die Bereiche Tourismus und Marketing verantwortlich im Bad Lippspringe Rathaus anzusiedeln.“ Er spricht sich stattdessen für die (Wieder-)Gründung einer eigenständigen Marketing GmbH aus, die auch die Sennegemeinde Schlangen mit einbeziehen könnte.

Lange versucht das momentane Problem an einem Beispiel deutlich zu machen: „Es dürfte leider nur allzu wenigen bekannt sein, dass die Geschäftsstelle Senne-Radweg bereits seit 2006 ihren Sitz in Bad Lippspringe hat“. Die Radstrecke ist immerhin 80 Kilometer lang und führt einmal rund um den Truppenübungsplatz. Unter den acht Anrainerkommunen sind auch Schlangen und Bad Lippspringe.

„Der Rad-und Wandertourismus boomt seit einigen Jahren bereits. Unsere beiden Kommunen könnten davon gemeinsam profitieren, wenn wir ein effizientes Marketing hätten“, ist Püster überzeugt.

Auch in der Schulpoltik sehen die CDU-Bürgermeister-kandidaten Gemeinsamkeiten: „Zwar fehlt seit der Umbennenung der Gesamtschule in Bad Lippspringe der Hinweis auf die Nachbarkommune Schlangen. Wir sollten aber nicht vergessen, dass etwa 30 Prozent der Schüler aus der Sennegemeinde stammen“, stellt Püster klar, der auch Vorsitzender des Fördervereins der Gesamtschule ist. Die von ihm mit initiierte jährliche Ausbildungs- und Berufsmesse wertete Püster in diesem Zusammenhang als gutes Beispiel, wie man Schüler und Unternehmen aus beiden Kommunen zusammen bringen kann. „Diese Kooperation sollten wir ausbauen.“


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